Duzen oder Siezen auf der Website – was kommt besser an?
Früher war die Sache ziemlich klar: Im Geschäftsverkehr siezte man sich. Das galt als höflich, respektvoll und angemessen. Nur wenige Marken trauten sich, ihre betont junge oder jugendliche Zielgruppe zu duzen. Und selbst die liefen dabei immer Gefahr, künstlich, bemüht und aufgesetzt zu wirken.
Inzwischen hat sich das geändert.
Das Du nimmt zu
Heute wird auch im Business mehr geduzt. Beim lockeren Netzwerken fällt das meist recht leicht. Auch bei Weiterempfehlungen durch gemeinsame Duz-Kontakte schleicht sich das Du schnell ein.
Azubis in Stellenangeboten zu duzen ist heute mehr Regel als Ausnahme. Selbst älteren Fachkräften wird zunehmend in Du-Form die Mitarbeit in einem „Team mit flacher Hierarchie” angepriesen. Und sogar manche Großunternehmen geben intern per Rundschreiben die Devise Du für alle Mitarbeitenden aus.
Ist die Kunden auf der Website zu duzen also die folgerichtige Fortsetzung des allgemeinen Trends zum Du? Und wenn man beim klassischen Siezen bleibt, wirkt das dann altbacken und steif?
Warum ich auf meiner Website duze
Auf meiner Website habe ich anfangs gesiezt. So war ich es aus dem Agenturleben gewohnt. Doch mit vielen meiner neuen Geschäftskontakte war ich von Anfang an per Du. Und das passt auch besser zu meiner Arbeitsweise als Texterin. Denn obwohl ich für Unternehmen schreibe, geht es um die Menschen dahinter: Unternehmer*innen, deren Identität, Stil und Herzblut ihr Tun und ihre Marke auf einzigartige Weise prägen. Kundinnen und Kunden, die sich verstanden, abgeholt und in ihren Bedürfnissen befriedigt fühlen wollen. In meinen Texten begegnen sie sich und entdecken, warum sie zusammenpassen.
Dahinter stehen zwei Grundwerte, von denen ich überzeugt bin: 1. Alle Menschen sind gleichwertig. Unabhängig von Position, Alter oder Kontostand verdienen sie es, ehrlich, fair, einfühlsam und respektvoll behandelt zu werden. Und 2. wenn wir kooperieren, erreichen wir mehr, als wenn jeder nur auf den eigenen Vorteil bedacht ist. Und es fühlt sich auch viel besser an.
Deshalb ziehe ich das Duzen vor. Für mich signalisiert das Du: Hier begegnen sich zwei Menschen freundlich, offenherzig und auf Augenhöhe. Selbst völlig Fremde lade ich damit ein: Komm näher und zeige, wer du bist. Du bist willkommen und wirst geschätzt. Das distanzierte Sie hingegen empfinde ich persönlich zunehmend als befremdlich.
Ein freundliches Du wirkt nahbar und lädt zum offenen Austausch ein.
Das heißt aber nicht, dass ich per se allen das Duzen empfehle. Je nach Branche, Zielgruppe, Markencharakter, Arbeitsweise und Funktion der Kommunikation, kann das Siezen vorteilhaft oder passender sein.
Duzen oder Siezen – was funktioniert für dich?
Bevor du dich fürs Duzen oder Siezen auf der Website entscheidest, frage dich:
- Was erwarten deine Kunden? – Kenne deine Zielgruppe.
- Was passt zu dir bzw. deiner Unternehmenskultur? – Sei authentisch.
- Auf welchen Kanälen sprichst du deine Kunden an? – Kommuniziere einheitlich.
Wie finden es deine Kunden, wenn sie geduzt werden?
In einem konservativen Branchenumfeld, im B2B-Bereich, bei einer älteren, status- oder traditionsbewussten Zielgruppe kann es sein, dass Siezen üblich ist und erwartet wird. Sind das die Kunden, die du haben willst? Dann lass dich auf sie ein und sprich deine Wunschkunden in ihrer Sprache an.
Wirbst du auf deiner Website für Brausepulver, trendige Sneaker oder kreative Dienstleistungen, fühlt sich vom Du wohl niemand überrascht. Geht es um Industriemaschinen, Pflegehilfsmittel oder Luxus-Limousinen, fährst du mit Siezen wahrscheinlich besser.
Es sei denn, du willst dich bewusst abheben. Der Mut, aufzufallen und einzigartig zu sein, zahlt sich in der Werbung häufig aus. Doch ein gewisses Missfallens-Risiko ist natürlich auch dabei.
Wer das Du anbieten darf, dafür macht die Benimm-Bibel „Knigge‘‘ einige Vorgaben. In der Regel obliegt es im beruflichen Kontext der höhergestellten oder dienstälteren, ansonsten der älteren oder weiblichen Person. Doch ich finde, wichtiger als der Ausgangspunkt ist der Angebotscharakter: Das Gegenüber darf frei entscheiden, ob es das angebotene Du annimmt oder nicht.
Persönliche Nähe oder professionelle Distanz – was funktioniert für dich besser?
Klar ist: Ein Du allein macht noch keine Unternehmenskultur. Ein gezwungenes Du schon gar nicht. Wenn Unternehmen zur Duz-Kultur übergehen, soll das die Kommunikation und das Betriebsklima verbessern. Doch es kann auch das Gegenteil bewirken: Stell dir vor, der 60-jährige Hausmeister Heinz Krause trifft im Fahrstuhl auf die 45-jährige Vorstandsvorsitzende Dr. Dr. Evelyn de Vries. Werden sie sich beim Smalltalk locker duzen?
Ob Duzen oder Siezen – wichtig ist, dass sich beide Dialogpartner mit der Anredeform wohlfühlen. Egal, was andere machen: Wähle die Anrede, die für dich, deine Mitarbeitenden und deine Kunden passt.
Ich persönlich präferiere, wie gesagt, das Du. Denn ich möchte meinen Kunden schon im Briefinggespräch schnell so nahe kommen, dass ich ihre Werte und Beweggründe erkenne, verstehe und wiedergeben kann.
Doch Nähe kann auch stören oder dysfunktional sein. In coachenden oder therapeutischen Berufen zum Beispiel ist professioneller Abstand mitunter von Vorteil. Durch das distanzwahrende Sie schützen Helfende sich und ihre Klient*innen vor emotionaler Vereinnahmung und überbordenden Projektionen.
Im Callcenter oder Kundenservice bremst die Höflichkeitsform des Siezens vielleicht den einen oder anderen verärgerten Kunden. Während es mit dem umgangssprachlichen Du leichter fällt, ausfallend zu werden.
Im Zweifelsfall: kommuniziere authentisch. Nach meiner Ansicht und Erfahrung wirkt das auf die richtigen Kunden (oder auch neuen Mitarbeitenden) magnetisch. Wähle die Ansprache, mit der du dich wohlfühlst. Dann erreichst du die Menschen, mit denen du dich wohlfühlst.
Duzen oder Siezen? – Wenn, dann konsequent.
Ein klares und starkes Markenbild entsteht nur, wenn das Marken-Erleben über alle Kontaktpunkte hinweg einheitlich ist.
Wenn du dich also fürs Duzen oder Siezen auf der Website entscheidest, halte es möglichst auf allen anderen Kanälen genauso: Social Media, Imagebroschüre, Firmenvideo, Anzeigenwerbung, Stellenangebote, Anrufbeantworter … kannst du die gewählte Ansprache überall durchhalten? Oder fühlt sie sich irgendwo falsch an?
Der Dialogpartner hat natürlich auch ein Wörtchen mitzureden: Verwendet er oder sie bei der Kontaktaufnahme das Sie, ist es angebracht, das zu respektieren und zu übernehmen. Besonders in persönlichen Gesprächen oder Anschreiben ist es eher unangenehm, mit dem Du ins Haus zu fallen. Hier kommuniziert weniger die abstrakte Marke, als vielmehr eine konkrete Person. Für sie kann etwas anderes authentisch sein. Dann spricht nichts dagegen, erst mal zu siezen oder vorsichtig nachzufragen.
Was spricht eigentlich für das Du?
Mit der informelleren Duz-Kultur im Marketing oder in der Arbeitswelt verbindet sich die Hoffnung auf eine lockere und angenehme Atmosphäre. Per Du lässt sich vieles leichter kommunizieren. Vertrauen baut sich schneller auf, wenn es keine hierarchischen Hürden zu überwinden gibt. Das freundschaftliche Du lässt ein Wir-Gefühl entstehen. Das wirkt motivierend und loyalitätsfördernd.
Wer das Du anbietet,
- zeigt sich nahbar und kommunikativ.
- setzt dich und das Gegenüber auf Augenhöhe.
- signalisiert Wertschätzung für den Menschen.
- spricht Jüngere und Junggebliebene an (sofern es nicht aufgesetzt wirkt).
- setzt sich über Konventionen hinweg.
- schätzt frisches Denken, Kreativität und Innovation.
Kontakt auf Augenhöhe oder sichere Distanz wahren? Das entscheiden die Kommunizierenden selbst.
Und was spricht fürs Siezen?
Ein voreiliges oder einseitiges Du kann als übergriffig oder respektlos empfunden werden. Grundsätzlich hat jeder erwachsene Mensch das Recht, mit Sie angeredet zu werden. Damit liegt man also im Prinzip immer richtig.
Wer die förmliche Anrede Sie gebraucht,
- wirkt seriös und sachlich.
- sichert professionelle Distanz.
- signalisiert Wertschätzung für Status, Konventionen, Tradition.
- spricht ältere, konservative Zielgruppen eher an.
- erfüllt die Erwartungen anderer bei Geschäftskontakten.
- ist immer höflich.
Ob Du oder Sie – sei authentisch
Was passt zu dir bzw. deiner Unternehmenskultur? Bei kleinen Unternehmen und Solo-Selbstständigen ist das relativ leicht zu beantworten. Hier strahlt die Persönlichkeit der Inhaber*innen meist sehr stark auf die Markenpersönlichkeit und die Unternehmenskultur aus. Was zu ihnen passt, passt in der Regel auch zum Unternehmen und – noch wichtiger – zu dessen Kunden.
Ansonsten ist es hilfreich, sich intensiv mit den Wünschen der Zielgruppe und der eigenen Corporate Identity auseinanderzusetzen. Das ist im Marketing sowieso immer ratsam!
Fazit: Duzen oder Siezen auf der Website – du hast die Wahl
Beim Duzen oder Siezen auf der Website gibt es kein Richtig oder Falsch. Du kannst also frei entscheiden. Aber wenn du dich entschieden hast, bleibe möglichst dabei. Sorge für ein einheitliches, authentisches Markenerlebnis, auch über deine Website hinaus.
Mit Siezen kannst du in der Regel nichts falsch machen – außer wenn deine Zielgruppe sehr jung ist oder das einfach nicht zu dir und deinem Stil passt.
Überlegst du, auf deiner Website zu Duzen, probiere vorher aus, ob dir das auch in anderen Medien angenehm ist. Beobachte dich und deine Kunden: Geht das Du leicht von den Lippen – oder fallt ihr regelmäßig ins Siezen zurück?
Ob du auf deiner Website siezen oder duzen willst – orientiere dich an deiner Zielgruppe und an deinem Bauchgefühl. Dann liegst du richtig.
Auch wenn du mich kontaktieren willst, darfst du wählen: Ob per Du oder Sie – ich freue mich auf den Kontakt und einen offenen, wertschätzenden Austausch! Einfach melden per Mail an info@relephant.de oder telefonisch unter 0177 20 963 20.